Microgrids sind eine sehr interessante Möglichkeit zuverlässige Stromnetze aufzubauen, die zusätzlich die Vorteile von grossen zentralen und kleineren lokalen Stromspeicher, Stromverbraucher und Stromerzeuger kombinieren können.
Da SolarCity, ein grosser Anbieter für Photovoltaikanlagen in den USA, seit kurzen mit “GridLogic” den Aufbau von schlüsselfertigen Microgrids anbietet, darf in nächster Zeit eine deutlich grössere Verbreitung derselben und eine breitere Diskussion zu diesem Thema gerechnet werden. Dieser Blog-Beitrag fasst die wichtigsten Informationen zu diesem interessanten Thema zusammen.
Einleitung:
“Microgrids” bedeutet wörtlich übersetzt “kleine Stromnetze”. Gemeint sind damit kleine bis mittelgrosse Stromnetze, die zumindest für eine begrenzte Zeit selbständig und somit unabhängig von anderen Stromnetzen betrieben werden können. Sie können aber auch zu grösseren Gruppen zusammengeschlossen und mit Übertragungsnetzen verbunden werden.
Die Grösse von Microgrids kann dabei sehr unterschiedlich sein. Es gibt Microgrids, die sich lediglich über ein Gebäude erstrecken. Andere dienen zur Stromversorgung einzelner Überbauungen, Firmenareale, Quartiere, Dörfer oder Stadteile. Es ist auch möglich die Stromversorgung von ganzen Städten durch eines oder mehrere Microgrids zu bewerkstelligen. Dabei macht es Sinn die Grösse von Microgrids den lokalen politischen, technischen und geografischen Begebenheiten anzupassen.
Energiezellen:
Microgrids sind von der Struktur her ähnlich aufgebaut wie biologische Zellen, weswegen sie zum Teil als “Energiezellen” bezeichnet werden. Folgend ein kurzer Vergleich. Links ist der Bestandteil von biologischen Zellen und rechts die jeweilige Entsprechung bei Microgrids (Energiezellen) notiert:
Biologische Zelle = Micro Grid
Mitochondrium = Energieerzeuger (eigentlich Energiewandler)
Ribosomen = Energieverbraucher
ATP = Energiespeicher
Endoplasmatisches Retikulum = Stromleitungen
Chemische Botenstoffe = Daten- und Steuerleitungen
Zellkern = Mikro Grid-Steuerung
Zellmembran = Schnittstelle (für Import & Export)
Der technische Aufbau:
Microgrids bestehen aus Strom-, Daten- und Steuerleitungen, der lokalen Microgrid-Steuerung und der Infrastruktur, die notwendig ist um sich mit anderen Stromnetzen verbinden zu können. Sie haben die Aufgabe die in ihrem Einzugsbereich liegenden Energieverbraucher, Energiespeicher und Energieerzeuger miteinander zu verbinden und deren Zusammenspiel zu steuern, um eine zuverlässige Stromversorgung zu ermöglichen. Durch Schnittstellen mit den Nachbarnetzen und oder mit Übertragungsnetzen können sie je nach Bedarf auch elektrische Energie importieren oder exportieren.

Der grundsätzlicher Aufbau von Microgrids
(Urheber: www.energie-info.info Lizenz: CC-0)
Das geografische Gebiet, in dem sich ein Microgrid befindet, wurde in der Grafik, der Einfachheit halber, als oranges Sechseck abgebildet.
Die geografische Struktur:
Um sich eine auf Microgrids basierende Stromversorgungsinfrastruktur besser vorstellen zu können, wurde in der in der folgenden Grafik die Schweiz beispielhaft in blau dargestellte jeweils ca. 30 Quadratkilometer grosse Microgrids aufgeteilt. (Bei der tatsächlichen Einteilung wäre es sinnvoll, wie bereits genannt, auf die lokalen politischen, technischen und geografischen Begebenheiten zu achten.)

Die Schweiz beispielhaft eingeteilt in Micro Grids
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Die möglichen Stromflüsse und Betriebszustände:
Auf der nächsten Grafik sind zum besseren Verständnis die verschiedenen Netzebenen und die möglichen Stromflüsse zwischen den verschiedenen Stromnetzen und Netzebenen dargestellt.

Mögliche Stromflüsse auf und zwischen den verschiedenen Stromnetzebenen
(Urheber: www.energie-info.info Lizenz: CC-0)
Auf der folgenden Grafik ist ein beispielhafter Ausschnitt mit mehreren Stromnetzen dargestellt, um die verschiedenen Betriebszustände von Microgrids besser erklären zu können.

Die verschidenen Betriebszustände von Microgrids
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Das Microgrid unten rechts befindet sich im unabhängigen Betrieb. Das heisst der gesamte benötigte Strom wird lokal produziert. Es findet somit kein Stromaustausch mit den Nachbarnetzen und den Übertragungsnetzen statt. Allfällige Produktionsüberschüsse oder Unterdeckungen werden mit lokalen Energiespeichern ausgeglichen.
Das darüber liegende schwarz eingefärbte Stromnetz ist in diesem Beispiel von einem Stromausfall betroffen. Dadurch, dass sich die anderen Microgrids von diesem Microgrid abkoppeln können, wird der Stromausfall lokal eingegrenzt.
Die drei grünen Microgrids, die links davon dargestellt sind symbolisieren drei zusammengeschlossene Microgrids. Durch das Kombinieren ihrer Möglichkeiten zur Energieerzeugung und Energiespeicherung kann eine optimale Stromversorgung sichergestellt werden.
Eine gesamtheitliche Sicht auf Microgrids:
Bisher wurde erst thematisiert, wie die im Versorgungsgebiet der Microgrids liegenden Verbraucher mit Strom (elektrischer Energie) versorgt werden können. Neben der Versorgung mit Strom gehört aber auch die Versorgung mit Wärme (thermische Energie), Kraft- und Brennstoffen (chemische Energie) zur Aufgabe der Energieversorgungsinfrastruktur. Wie auf der folgenden Grafik ersichtlich ist, macht in der Schweiz die Wärme und die Kraft- und Brennstoffe mit ca. 75% sogar den deutlich grösseren Anteil am Energieverbrauch aus als Strom.

Schweizer Energieverbrauch aufgeschlüsselt nach Energieträgern (2013)
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Die für die Versorgung mit chemischer- und thermischer Energie verwendete Infrastruktur, wie Fernwärmenetze, Strassenverkehr, usw. sind aber nicht mehr Bestandteile eines Microgrids, da sich dieser Begriff auf das reine Stromnetz bezieht.
Engergieflüsse in Microgrids, Import und Export:
Auf der folgenden Grafik sind links die möglichen Energieflüsse und somit die Möglichkeiten von Import in und Export aus Microgrids dargestellt. Rechts davon werden die im Versorgungsgebiet des Microgrids lokal erzeugbaren Energieformen genannt.
Die blauen Pfeile, die die im orangen Sechseck genannten Energieformen verbinden, dienen dazu ins Gedächtnis zu rufen, dass diese Energieformen mit Einschränkungen ineinander umgewandelt werden können. So kann der Strombedarf eines Microgrids durchaus zu einem Grossteil durch importierte chemische Energie in Form von Energieträgern gedeckt werden, die anschliessend zum Beispiel in einem Blockheizkraftwerk in Strom umgewandelt werden.

Austausch von Energie und im Gebiet des Microgrids selber erzeugte Energie
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Vor- und Nachteile von Microgrids:
Es ist ziemlich offensichtlich, durch welche charakteristischen Eigenheiten Microgrids zu einem zukunftsfähigen Energiesystem beitragen können.
Erstens verbinden Microgrids deutlich weniger Netzteilnehmer, als das aktuelle Europäische Verbundsystem miteinander. Deshalb ist der Aufbau viel weniger komplex und dadurch sind die Microgrids besser steuerbar. Auch die Steuerung der Übertragungsnetze wird einfacher, wenn zahlreiche Netzteilnehmer zu Microgrids zusammengefasst werden und jeweils ein Microgrid aus Sicht des Übertragungsnetzes, je nach Betriebszustand, nur noch entweder ein Verbraucher, ein Speicher, ein Erzeuger oder ein unabhängiges Stromnetz darstellt.
Zweites nimmt die Ausfallsicherheit der Stromversorgung zu, da Fehler lokal eingegrenzt werden können. Dies ist der Tatsache zu verdanken, dass jedes einzelne Microgrid über die für die Stromversorgung notwendige Infrastruktur, wie z.B. Transformatoren und Steuerzentrale, verfügt. Dadurch können Microgrids bei einem auf ein anderes Microgrid begrenzten Stromausfall ihre Verbindungen zum betroffenen Microgrid trennen und ihre Verbraucher weiterhin mit Strom versorgen. Im Falle einer Fehlfunktion in einem übergeordneten Übertragungsnetz können sich die Microgrids zumindest für eine begrenzte Zeit unabhängig vom Übertragungsnetz versorgen. In dieser Situation können sie aber weiterhin Strom untereinander austauschen. Falls die Fehlfunktion länger andauert, kann die lokal erzeugte Energie für die Versorgung der wichtigsten Verbraucher, wie z.B. Polizei, Feuerwehr, Krankenhäuser und Kühlhäuser verwendet werden, falls der
Aufbau des jeweiligen Microgrids dafür ausgelegt ist.
Drittens sind die negativen Auswirkungen von Stromausfällen für die Menschen, die Tiere und die Umwelt viel weniger schlimm, da es nur noch einzelne Microgrids und nicht mehr ganze Länder oder Kontinente betrifft. Im Falle einer Fehlfunktion in übergeordneten Übertragungsnetzen sind die Microgrids in der Lage sich zumindest für eine begrenzte Zeit unabhängig von diesen zu betreiben, weshalb die negativen Auswirkungen auch dann deutlich geringer sind.
Viertens nehmen mit Microgrids die Transportverluste beim Stromtransport ab, da weniger Strom über weite Strecken transportiert werden muss. Dadurch sind gleichzeitig auch geringere Investitionen in Übertragungsnetze notwendig.
Weitere Vorteile von Microgrids sind die Möglichkeit unabhängiger von grossen Konzernen und anderen Ländern zu sein und die lokale Wertschöpfung zu stärken.
Zu den Nachteilen gehört die Tatsache, dass die Technologien, die für lokale Speicher verwendet werden, oft teurer als die von grossen zentralen Energiespeicher sind. Ausserdem bedarf es eines gewissen Aufwandes um bestehende Stromnetze zu Microgrids umzubauen und bei neuen Stromnetzen ist es vermutlich, zumindest kurzfristig, günstiger diese nicht als Microgrids zu realisieren.
GridLogic:
GridLogic ist eine vielseitige Baukastenlösung für auf Microgrids basierende Stromversorgunginfrastrukturen, die von der Firma Solarcity angeboten wird. Sie richtet sich hauptsächlich an Krankenhäuser, Stadtquartiere, abgelegene Gemeinden, Bildungseinrichtungen und Militärbasen. Dabei werden verschiedene Konfigurationen für verschiedene Anwendungsfälle angeboten.
Hauptsächlich für abgelegene Gemeinden, Inseln und Militärbasen bietet Solarcity Stromversorgungslösungen an, die in der Lage sind die Verbraucher vollständig unabhängig von anderen Stromnetzen mit elektrischer Energie zu versorgen. Neben der Micorgrid-Infrastruktur braucht es für eine autonome Stromversorgung Energiespeicher und Energieerzeuger, deren Leistung den lokalen Bedürfnissen angepasst ist. Solche Stromversorgungsanlagen werden als “Inselanlagen” bezeichnet, da sie wie die Stromversorgungsinfrastruktur einer abgelegenen Insel nicht auf den Import von Strom angewiesen sind.
In den meisten Fällen sind aber Stromversorgungslösungen vorgesehen, welche auch auf Microgrids basieren, aber normalerweise mit dem Übertragungsnetz verbunden sind. Dadurch können sie je nach Betriebszustand Energie importieren oder exportieren. Im Falle eines Stromausfalls im Übertragungsnetz sind diese Infrastrukturlösungen dafür ausgelegt mit der lokal erzeugten und gespeicherten Energie die Stromversorgung der wichtigsten Verbraucher, wie z.B. Polizei, Feuerwehr, Krankenhäuser und Kühlhäuser sicher zu stellen. Dadurch lassen sich die negativen Auswirkungen von Stromausfällen stark verringern.
Die Microgrids, auf denen die Stromversorgungslösungen von Solarcity aufgebaut sind, bestehen, wie alle Microgrids, unter Anderem aus einer Microgridsteuerung, je nach dem einer Schnittstelle für den Import und Export von Strom, weiteren Netzkomponenten für die Frequenz- und Spannungserhaltung sowie Strom-, Daten- und Steuerleitungen.
Für die Stromerzeugung auf dem Gebiet der Microgrids schlägt Solarcity unter anderem Photovoltaikanlagen, Wasserkraftwerke, Windräder, Gastrubinen und Generatoren vor. Um das Angebot zwischen Stromnachfrage und Angebot auszugleichen sind neben Batteriespeicher und der aktiven Regelung von Stromerzeugern regelbare Verbraucher vorgesehen.
Gemäss den Informationen des Autors ist Solarcity die erste grosse Firma, die Microgrids in einem grösseren Massstab kommerziell anbietet. Bisher wurden diese hauptsächlich von Universitäten zu Forschungs- und Testzwecken aufgebaut und betrieben. Weitere Informationen zu Microgrids, Solacrity und GridLogic sind unter anderem in den folgenden Publikationen zu finden.
Auf der Internetseite des U.S. Department of Energy (Englisch):
http://www.energy.gov/articles/how-microgrids-work
Auf der Seite von Solarcity (Englisch):
http://www.solarcity.com/commercial/sustainable-energy-solution
Auf der entsprechenden Seite der englischen Wikipedia (Englisch):
https://en.wikipedia.org/wiki/Distributed_generation#Microgrid
In der Diplomarbeit von Jens Kitzmann:
Kitzmann, Jens (2011). Entwicklung eines micro-grid-basierten Ansatzes für das Smart Grid der Zukunft (Diplomarbeit). 1. Auflage, München: GRIN-Verlag
In einem Youtube Video der FRONIUS International GmbH:
www.youtube.com/watch?v=GA_s_IUs-_s
(Lizenz:)
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Schlagwörter: Lokale Stromversorgung, Energiezelle, Aufbau, Funktionsweise, Schnittstellen, Hausbatterie, zukunftsfähige Energieversorgung